Ursachen für Rechtschreibschreibschwierigkeiten/-störungen

(stark vereinfachte Darstellung der gegenwärtigen wissenschaftlichen Positionen, die von insgesamt 5 Einzelwissenschaften – Fachdidaktik, Medizin, Pädagogik, Psychologie und Sprachwissenschaft – bestimmt werden)

Ursachen der Lese-Rechtschreib-Schwäche

Etliche Fachwissenschaftler wie z.B. Prof. Renate Valtin lehnen die Lehre von der Legasthenie als Krankheit ab

Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten



Die Ursachen einer Lese-Rechtschreib-Schwäche sind sehr unterschiedlicher Natur:

  • Entwicklungsverzögerungen*,

  • organische Ursachen: schlechtes Sehen, schlechtes Hören (besonders bei Jungen in den ersten Grundschuljahren ausgeprägt)

  • Sprachfehler

  • stark dialektgefärbte Aussprache in stark dialektgeprägtem sprachlichen Umfeld, mit u. U. weiteren sonstigen regionalspezifischen sprachlichen Beeinträchtigungen, insbesondere auch grammatischer Art

  • umgangssprachlich und von anderen sprachlichen Nachlässigkeiten geprägtes sprachliches Umfeld

  • geringer Wortschatz und geringes Repertoire an grammatischen Strukturen

  • Kinder, die kaum die deutsche Lautung beherrschen und in einem Umfeld leben, in dem vorwiegend nicht Deutsch gesprochen wird

  • Sonderfall: das hyperkinetische Syndrom (ADS)

  • Sonderfall: allgemeine Lernschwäche

  • Lese-Rechtschreib-Problematik als Ergebnis einer (schlechten) Unterrichtsmethode

  • diverse soziale und psychische Beschwernisse (anregungsarmes soziales Umfeld, Überbesorgtheit der Eltern, Vernachlässigung, Belastung durch Scheidung d. Eltern, schlimme Erkrankung eines Elternteils, Tod einer Bezugsperson, allgemeine Schulangst/Schreibangst)

  • ausgedehnte Fernseh- und Computerspielzeiten schon im Vorschulalter sowie während der Grundschulzeit

  • ...

  • ...

Diagnose:

Die Diagnose erfolgt durch die/den LehrerIn an Hand eines standardisierten Lese-/Rechtschreibtests, der wissenschaftlich erprobt ist.

Schulische und evtl.  außerschulische Intervention:

  • Die Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten müssen so früh wie möglich diagnostiziert werden.

  • So früh wie möglich sind speziell  auf das Kind zugeschnittene  Fördermaßnahmen einzuleiten, da es kein einheitliches Bild der Lese- Rechtschreib-Schwierigkeiten gibt: Was Schüler Egon hilft, muss längst nicht auch Schülerin Helga helfen.

Lese-Rechtschreib-Störungen



Die Ursachen einer besonderen Form der Lese-Rechtschreib-Schwäche sind neurobiologischer Art und haben den Charakter einer Krankheit, die als Legasthenie bezeichnet wird. Diese nur schwer therapierbare Krankheit führt zu teilweise erheblichen Störungen bei der zentralen Aufnahme, Verarbeitung und Wiedergabe von Sprache und Schriftsprache.

 Diagnose:

Die Diagnose erfolgt durch die/den LehrerIn an Hand eines standardisierten Lese-/Rechtschreibtests, der wissenschaftlich erprobt ist. Wird eine Legasthenie vermutet, ist eine ärztliche und psychologische Diagnose erforderlich, immer häufiger werden dazu auch bildgebende Verfahren eingesetzt.

Schulische und außerschulische Intervention:

  • Die Lese-Rechtschreib-Störung muss so früh wie möglich diagnostiziert werden.

  • So früh wie möglich sind speziell  auf das Kind zugeschnittene Fördermaßnahmen einzuleiten, da es kein einheitliches Bild der Lese-Rechtschreib-Störung gibt. Auch hier gilt wieder: Was Schüler Egon hilft, muss längst nicht auch Schülerin Helga helfen.

Seltener wird heute noch die Notwendigkeit spezieller Trainingsmaßnahmen zur Förderung der auditiven und visuellen Wahrnehmung vertreten.


*Entwicklungsverzögerungen treten gehäuft bei Jungen auf. Jungen fallen daher auch häufi-ger durch ihre schlechtere Rechtschreibung auf.

Alle maßgeblichen Wissenschaftler sind einhellig der Ansicht, dass Früherkennung und individuelle Förderung von Kindern mit Lese-/Rechtschreibschwierigkeiten/-störungen dringend erforderlich sind (M. Hasselhorn, W. Schneider, H. Marx: Diagnose von Lese-Rechtschreibschwierigkeiten. Göttingen 2000.). Aus der Anlage seiner Schrift „Richtig Schreiben lernen von Anfang an“ sowie aus dem Konzept seiner „rechtschreibwerkstatt“ wird deutlich, dass Sommer-Stumpenhorst,  der nur nach lernstarken, schnell lernenden und langsam lernenden Kindern unterscheidet, offenbar davon ausgeht, dass Lese-Rechtschreib-Schwäche ausschließlich die Folge von Entwicklungsverzögerungen ist. Das mag der Grund dafür sein, dass die Problematik der Lese-Rechtschreibschwierigkeiten und –störungen in seinen neueren schriftlichen Äußerungen keinerlei Niederschlag findet und er folglich auch in der Praxis alle Kinder - die lernstarken, schnell lernenden und die langsam lernenden Kinder wie auch die Kinder mit  den unterschiedlich verursachten Lese-Rechtschreibschwierigkeiten und – störungen - mit denselben Materialien bedient. Die Untersuchungsergebnisse einer Arbeitsgruppe der Kultusministerkonferenz, die jüngst die „Grundsätze  zur Förderung von Schülern mit besonderen Schwierigkeiten beim Erlernen des Lesens und Rechtschreibens“ (Beschluss der KMK vom 20. April 1978) überarbeitet hat, werden schon in Bälde an alle SchulministerInnen  als Empfehlung weitergereicht werden. Darin heißt es u.a.: „Unterschiedliche Erscheinungsformen bzw. Ursachenannahmen (von Lese-Rechtschreibschwierigkeiten, Anm. des Autors) müssen zu unterschiedlichen Förderkonzepten führen.“ Das wäre das Aus für das „Förderkonzept“  der „rechtschreibwerkstatt“.